Die Gemeinde Hilzingen

Die Gemeinde Hilzingen

Heute eine Gemeinde mit 9.400 Einwohnern, liegt inmitten des Hegau. Umgeben von den Bergen Hohenstoffeln, Hohentwiel, Heilsberg und Mägdeberg trafen sich die Menschen hier schon vor Jahrhunderten gerne zur Kirchweih. Diese Tradition ist bis heute ungebrochen.

 

Die Hilzinger Kirchweih 1524 war eine der frühesten Protestaktionen des Bauernkrieges. Und die Schlacht bei Hilzingen 1525 war eine der letzten, schwersten Kampfhandlungen. Der Vertrag von Hilzingen, der „Friedensvertrag“ danach, war einer der radikalsten und demütigendsten Unterwerfungsverträge.

 

Wir stehen in dieser beschaulichen kleinen Gemeinde also auf historischen Boden. Und je tiefer wir uns damit beschäftigen, desto erstaunlicher wird die Geschichte, die hier Ihren Anfang nahm. Sie fängt an mit einem Protest gegen eine Steuererhöhung. Und sie endet in einem Krieg.
Aber der Weg dahin führt von braven Untertanen zu selbstbewussten, klug abwägenden und schließlich unerhört tapferen Menschen. Lassen wir also die Geschichte beginnen….

Was ist eigentlich passiert?

Die Hilzinger Kirchweih und der Riedheimer Anlass 1524

Schlechte Ernten und hohe Steuern….

Im Jahr 1524 war die Ernte schlecht. Das wussten auch die Grundherren und sie sahen mit großer Sorge sinkenden Steuereinnahmen entgegen. Da jedoch ein großer Krieg in Italien zu finanzieren war, musste zusätzlich Geld beschafft werden. Was lag näher, als die Steuern zu erhöhen und so geschah es. Nun war dies für die Bauern, die all das bezahlen sollten, eine üble Sache. Denn wenn man von einer ohnehin schon kleinen Ernte einen noch größeren Anteil wegnimmt, so merken das die Menschen, die von dem verbleibenden Rest leben sollen, natürlich doppelt. Und wenn die Herren mehr einnehmen während die Untertanen immer weniger behalten, dann macht sich Unzufriedenheit breit. Und so war es im Hegau 1524.

...erzeugen Unzufriedenheit

Die Unzufriedenen wollten sich treffen und ihrem Ärger gemeinsam Ausdruck geben, gegen die ungerechte Belastung gemeinsam protestieren. Daher verabredeten sich die Bauern, Tagelöhner, Handwerker und alle Landbewohner, die sich wehren wollten, auf der Hilzinger Kirchweih. Einer der größten Versammlungsanlässe weit und breit.

 

Protest und Versammlungen werden einfach verboten...

In den Augen der Herren war dies eine Verschwörung gegen das geltende Recht und so wollten sie dies unterbinden. Sie verboten daher den Menschen im ganzen Hegau, eine Kirchweih abzuhalten. Sie ließen die Wege durch ihre Reiter und Kriegsknechte blockieren und verboten, die Sturmglocken zu läuten. Die Sturmglocken waren damals das wichtigste Versammlungssignal. Läutete diese Glocke, so hieß es: nehmt Eure Waffen und versammelt Euch. Das durfte natürlich nur die Obrigkeit anordnen.

...und die Bauern scheren sich nicht drum

Aber die Hegau-Bauern hatten Courage: sie läuteten die Sturmglocken in der Frühe des 2. Oktober – und die Menschen griffen nach ihren Waffen und machten sich auf den Weg. Wie es manchmal so ist, wenn man Mut hat, hat man zuweilen auch Glück. In diesem Fall war es der Herzog Ulrich, der mit seinen Reitern die Wege freihalten ließ und durch drei Kanonenschüsse zeigte, dass er es ernst meinte, mit seiner Unterstützung der Bauern. Über 800 bewaffnete und unzufriedene Bauern versammelten sich so bei der Hilzinger Kirchweih. Und jetzt? Auf zum nächsten Kloster? Zur nächsten Burg?

Burg Riedheim
Hohenkrähen

Verhandlung einer Lösung

Die Bauern diskutieren und wählen Abgeordnete wie gute Staatsbürger...

Nein, jetzt wurde diskutiert, was zu tun wäre. Dann wurden Abgeordnete gewählt. Wie man das von der dörflichen Selbstverwaltung so gewohnt war. Unerhört besonnen, friedliebend und demokratisch. Man mag es nicht glauben. Keine Spur von einem tumben oder gewalttätigen Haufen, wie die Landbewohner sonst oft dargestellt wurden. Und sie verschworen sich zu einer „Eidgenossenschaft“. Das heißt, sie schworen, sich gegenseitig beistand zu leisten. „Wir wollen einander gut Schweizer sein“ sagten sie wörtlich. Und da wird auch klar, woher sie die Idee der Freiheit hatten. Denn das war bei den Schweizer Nachbarn ja bereits Realität. Also keine Verschwörungstheorie, sondern eine echte Verschwörung mit Treueschwur und gemeinsamen Handeln.

Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg, um weitere Unterstützer und Mitstreiter zu finden. Zunächst zogen sie nach Weiterdingen und schließlich, vier Tage später, am 6. Oktober, trafen sie in Riedheim ein.

...und handeln eine Lösung aus

Dort trafen sie auf eine Abordnung aus der Stadt Überlingen. Der dortige Bürgermeister war ein „Fuchs“, ein gewiefter Verhandler, ein Beschwichtiger und ein eindrucksvoller Mann, auf den die Menschen hörten. Mit vielen schönen Worten überzeugte er den Hegauer Haufen schließlich, die Sache vor den Stockacher Rechtstag zu bringen. Ein Gericht sollte entscheiden, ob die Steuern rechtmäßig seien. Denn um Gerechtigkeit ging es. Bis zu diesem Rechtsspruch sollte niemand  von den Bauern verfolgt werden und auch keine Unruhe mehr von dem Hegauer Haufen ausgehen. Das wurde im „Riedheimer Anlass“ von den Hegau-Bauern und der Überlinger Gesandtschaft feierlich unterschrieben.

Leider mit einem Partner, der es nicht ehrlich meint,...

Bis dahin wäre alles einvernehmlich und gütlich beizulegen gewesen. So wie eben zivilisierte Menschen mit unterschiedlichen Interessen sich nicht gleich an die Kehle gehen. Sondern in der Sache verhandeln und ein Gericht entscheiden lassen.

Aber das funktioniert natürlich nur, wenn das Gericht auch Recht spricht. Wenn es unabhängig ist, und nicht selbst Teil der Gegenpartei ist. Und wenn es nicht Richter, Ankläger und Vollstrecker in einer Person ist.

Dass das so war, wussten die Hegau-Bauern nicht, als sie den Riedheimer Vertrag unterschrieben. Der „schlaue Fuchs“, der Bürgermeister aus Überlingen, wusste das aber sehr wohl, denn der kannte den Richter gut.

 

...doch das mindert die Leistung der Bauern nicht

Und so war der Riedheimer Anlass schon ein selbstbeherrschter, demokratischer und gutwilliger Vorgang. Aber nur von einer Seite aus, nämlich von Seiten der Bauern. Von der anderen Seite aus war es einfach nur ein Trick. Hinhalten, beschwichtigen, reinlegen.

Dabei hatte der schlaue Fuchs von einem Bürgermeister doch gesehen, dass die Hegau-Bauern sich nicht einschüchtern ließen. Weil einer friedfertig und gutwillig ist, heißt es noch lange nicht, dass er dumm ist oder feige. Das wurde hohen Herren dann im nächsten Jahr klar, als die Bauernhaufen tatsächlich gegen sie in den Krieg zogen.

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